Das neue Bauvertragsrecht ab dem 01.01.2018
Eine Übersicht in drei Teilen von
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Eberhard Bollinger
Rechtsanwalt Christian Bollinger
Die wirtschaftliche und persönliche Bedeutung des Bauens ist immens. Gebäude gehören zu unserem Lebenserhaltungssystem. Die Beschäftigten um die Wertschöpfung im Bauhandwerk, in der Bauindustrie, in all den betriebenen Büros der Unternehmer und Dienstleister, die sich mit der Errichtung und Erhaltung von Gebäuden beschäftigen, leisten einen erheblichen Beitrag zur Gesamtwirtschaft.
Bauen ist meistens ein anspruchsvoller, komplexer Vorgang, wobei der technische Fortschritt vor dem Bauen genauso wenig Halt macht und ständig neue und höhere Anforderungen durch den Gesetzgeber in Form von Vorgaben zum Energieverbrauch zum Brandschutz, zum Schallschutz, zum Flächenverbrauch und zur öffentlichen Planung bestehen.
Trotzdem hat das Bauen im Zivilrecht bisher ein Schattendasein geführt.
Es ist im Bürgerlichen Gesetzbuch, welches zum 01.01.1900 in Kraft getreten ist, geregelt, wobei die Leitbilder des Gesetzgebers im 19. Jahrhundert das Beschlagen von Pferden beim Hufschmied oder die Fertigung eines Maßanzuges durch den Schneider waren.
Bislang hat sich die Rechtsprechung mit einer entsprechenden bauvertragskonformen Auslegung der gesetzlichen Regelungen beholfen. Nun hat der Gesetzgeber auf Initiative von am Bau tätigen Praktikern den vorhandenen Bedarf zu den zahlreichen Problemen des Bauens und der Bauverträge einschließlich der Architekten- und Ingenieurverträge aufgegriffen und durch das neue Bauvertragsrecht spezielle gesetzliche Regelungen beschlossen.
Auf Initiative des Baugerichtstages, einem Zusammenschluss von hoch spezialisierten Baurechtlern, hat der Gesetzgeber den vorhandenen Bedarf zu den zahlreichen Problemen des Bauens und der Bauverträge einschließlich der Architekten- und Ingenieurverträge aufgegriffen und durch das neue Bauvertragsrecht spezielle gesetzliche Regelung beschlossen.
Ziel des Gesetzgebers war es, die Regelungen über den Bauvertrag, aber auch über den Verbraucherschutz zu verbessern und damit den Forderungen der EU-Verbraucherrechtslinie nachzukommen.
Zum Verständnis des Baurechts als Werkvertragsrecht und damit der wichtigen Frage des Mangels muss man wissen, dass sich die Herstellungspflicht nicht auf die Einhaltung des vereinbarten Ausführungssolls, wie es z.B. im Leistungsverzeichnis beschrieben wird, beschränkt, sondern die Leistung zu einem zweckentsprechenden und funktionstauglichen Gesamtwerk führen muss.
Während der Arzt dem Patienten nicht schuldet, dass er gesund wird und der Anwalt seinem Mandanten keinen gewonnenen Prozess schuldet, muss der Unternehmer, auch ohne Verschulden, eine Leistung erbringen welche den im Vertrag vorausgesetzten Zweck erfüllt.
Beispiel OLG Düsseldorf (23 U 87/12):
Ein Werkunternehmer war mit der Sanierung/Beschichtung einer Tiefgarage beauftragt. Ausgeschrieben war ein starres Beschichtungssystem, das aber Bewegungen der Deckenkonstruktion nicht aufnehmen konnte, weshalb die Beschichtung am Boden nicht haften blieb.
Nach dem vorgenannten funktionalen Mangelbegriff lag ein Mangel vor, weil der Bauherr eine haftende Beschichtung wollte.
Eine mangelfreie Arbeit wäre hier aber nur durch zusätzlich erforderliche Leistungen zu erzielen gewesen, wobei der Bauherr diese zusätzlichen Leistung auch bei der Nacherfüllung zusätzlich vergüten muss (sog. Sowiesokosten ).
Neben der Geltung der Vorschriften des BGB können auch weiterhin die Reglungen der VOB vereinbart werden.
Entgegen einem immer noch verbreiteten Missverständnis gilt bei Bauleistungen die VOB nicht automatisch, sondern sie muss zur Vertragsgrundlage gemacht werden.
Dabei genügt bei Unternehmern gem. § 14 BGB eine Bezugnahme; während bei Beteiligung eines Verbrauchers nach § 13 BGB - wenn der Vertrag vom Unternehmer kommt - die VOB nur dann wirksam vereinbart ist, wenn dem Verbraucher auch der Text der VOB vorgelegt wird.
Die VOB/B hat sich in der Praxis bewährt, sie weist aber auch Schwächen, insbesondere bei dem wichtigen Vergütungsrecht, auf.
Nachfolgend sollen jetzt die einzelnen Regelungen aus Sicht des Unternehmers, des Bauherrn/Verbrauchers sowie des Architekten/Ingenieurs dargestellt werden.
Teil I: Allgemeine Neuregelungen aus Sicht des Unternehmers:
Abschlagszahlung § 632 a BGB
Nachdem der Unternehmer zunächst ohne Vereinbarung einer Abschlagszahlung in vollem Umfang vorleistungspflichtig war, ist er seit dem 23.10.2008 berechtigt, sofern keine besondere Vereinbarung besteht, Abschlagszahlungen in der Höhe zu verlangen, soweit der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat.
Dabei konnten die Abschlagszahlungen bei Vorliegen wesentlicher Mängel verweigert werden.
Nunmehr gilt ab dem 01.01.2018, dass der Unternehmer vom Besteller Abschlagszahlungen in Höhe des Werts der von ihm erbrachten und geschuldeten Leistungen verlangen kann.
Zudem hat, bei Vorliegen von Mängeln, der Besteller, also der Auftraggeber, nur noch die Möglichkeit, einen angemessenen Einbehalt vorzunehmen.
Dies ist gem. § 641 Abs. 3 BGB in der Regel das Doppelte der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten.
Voraussetzung für die Berechtigung einer solchen Abschlagsforderung ist, dass die Leistungen durch eine Aufstellung, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglicht, geltend gemacht wird.
Beispiel
Ein Bauunternehmer soll für 600.000,00 € ein Gebäude errichten. Nachdem er mit dem Rohbau fertig ist, verlangt er 240.000,00 € Abschlagszahlung, weil er gemessen an der Vergütungsvereinbarung 40 % des Wertes seiner Leistungen erbracht habe. Der Besteller macht hingegen gelten, der Rohbau habe den Wert seines Grundstücks nicht wesentlich gesteigert und will allenfalls 100.000,00 € zahlen.
Die Lösung des Falles durch die Rechtsprechung steht noch offen, jedoch kommt es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr auf den Wertzuwachs auf dem Grundstück an, sondern vergütet wird die nach dem Vertrag geschuldete und erbrachte Leistung,
Es muss deshalb, ausgehend vom Gesamtbetrag, berechnet werden, welchen objektiven Wert die bereits erbrachte Leistung hat.
Dabei sind Anlieferungen, wie z.B. Fenster oder Heizkörper, die sich im Bauwerk noch nicht verkörpert haben, keine erbrachten Leistungen.
Für diese kann eine Abschlagsforderung nur dann gestellt werden, wenn sie auf dem Besteller zu Eigentum übertragen wurden oder entsprechende Sicherheit dafür geleistet worden ist.
Die Schwierigkeiten im Einzelfall muss dann die Rechtsprechung noch klären.
Neuregelung der Abnahme § 640 BGB
Während es bei den Abschlagszahlungen nicht auf die Abnahmefähigkeit ankommt, gilt nunmehr für die Schlussabnahme folgendes:
Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb der Frist unter Abgabe mindestens eines Mangels verweigert hat.
Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat. Der Hinweis muss in Textform erfolgen.
Konkret bedeutet dies jetzt, macht der Auftraggeber, also der Bauherr, nichts, wendet er also keine Mängel ein, dann gilt die Abnahme als erfolgt.
Wendet er aber auch nur einen Mangel ein, egal wie wertig dieser ist, dann gilt die Abnahmefiktion nicht.
Bei einem Verbraucher, also jemand, der nicht gewerbsmäßig am Bau tätig ist, muss schriftlich darauf hingewiesen werden. Ansonsten gilt die Abnahmefiktion nicht.
Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Wort Fertigstellung verwendet.
Maßgebend soll dabei sein, ob das Werk abgearbeitet ist.
Sind bestimmte Leistungen überhaupt noch nicht erbracht, so ist das Werk nicht erbracht, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Restleistungen.
Darauf, ob auch erhebliche Mängel vorliegen, kommt es dann nicht an.
Der Auftraggeber kann die Abnahme verhindern, wenn er nur einen Mangel behauptet.
Taktische Empfehlung für den Bauunternehmer
Da in der Regel jedes Bauwerk mindestens kleine Mängel hat, empfiehlt es sich, wenn die Leistungen des Unternehmers fertig sind, dass dieser eine Schlussrechnung und hilfsweise eine Abschlagsrechnung stellt.
Beispiel:
Der Unternehmer stellt seine Schlussrechnung mit 100.000,00 €, hilfsweise eine Abschlagsrechnung, über € 80.000,00, wobei noch Mangelbeseitigungskosten von € 15.000,00 bestehen und der Besteller Mängel vorgebracht hat.
Nach der seitherigen Rechtslage hat er keinen Anspruch auf Abschlagszahlungen.
Nunmehr bekommt er immerhin € 50.000,00, da ein Mangeleinbehalt von 2 x € 15.000,00 besteht.
Kündigung aus wichtigem Grund
Gesetzlich neu geregelt wurde zudem - für beide Parteien, also Besteller und Auftragnehmer - das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund.
Für den Unternehmer besteht ein solcher Kündigungsgrund, wenn sein Vertragspartner z. B. den Baufortschritt massiv behindert und unberechtigt in den Bauablauf eingreift, so dass für ihn eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar ist.
Beim Besteller ist dies der Fall, wenn sich die Ausführung massiv verzögert und trotz verschiedener Fristsetzungen nicht zügig weitergearbeitet wird oder sich der Auftragnehmer bei der Ausführung der Leistungen als überaus unzuverlässig erweist.
Neu ist die gesetzliche Regelung, dass nun auch eine Teilkündigung möglich ist, die sich jedoch auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen muss.
Leistungsstandfeststellung:
Nach einer Kündigung aus wichtigem Grund führt das Zerwürfnis der Parteien häufig dazu, dass die notwendigen Feststellungen zu den erbrachten Leistungen nicht zeitnah dokumentiert werden. Dies ist insbesondere für den Auftragnehmer nachteilig, wenn er die Vergütung für die erbrachten Leistungen verlangt, jedoch den abgerechneten Leistungsstand nicht nachweisen kann, weil mittlerweile weitergebaut wurde.
Dazu schafft das Gesetz jetzt eine Vertragspflicht für beide Parteien zur gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes, wenn eine Vertragspartei es verlangt.
Verweigert dann eine Vertragspartei die Mitwirkung, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung.
Insoweit ist die andere Seite berechtigt, selbst eine Aufstellung der von ihr erbrachten Leistungen vorzunehmen.
Weiter ist in diesem Fall der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung der Leistungen zu verlangen, die bis zur Kündigung erbracht wurden.
Teil II: Neuregelungen des Architekten-/Ingenieur- und Kaufrechts
Neuregelung für die Architekten und Ingenieurverträge
Bislang war es so, dass häufig Streit darüber entstanden ist, ob die Tätigkeit des Architekten schon vertragliche Tätigkeit oder nur Akquisition, also das Werben um einen Vertrag, war.
Nunmehr hat der Gesetzgeber geregelt, dass sich die Beteiligten zunächst über die Leistungsziele, in der Regel die Absicht des Bauherrn, im Klaren sein müssen.
Dies erfolgt regelmäßig in der Form, dass der Bauherr auf den Architekten zugeht und ihm mitteilt, er wolle etwas Bestimmtes bauen.
In dieser Zielfindungsphase soll der Architekt die Planungsgrundlage, also erste Skizzen erstellen und dem Bauherrn auch eine Kosteneinschätzung übermitteln.
Der Bauherr hat dann die Möglichkeit, nach Vorlage der Unterlagen in Textform, also schriftlich, den Vertrag zu kündigen, wobei er dazu als Verbraucher auch schriftlich hingewiesen werden muss.
Bei einer Kündigung hat der Architekt dann einen Anspruch auf die Vergütung, die auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt.
Im Ergebnis wird jetzt der Architektenvertrag aufgegliedert in, erstens, die Zielfindungsphase mit Kündigungsrecht und in, zweitens, wie seither, die eigentlichen Architektenleistungen.
Eine weitere Neuerung ergibt sich, wenn beispielsweise ein Mangel am Bauwerk vorliegt, der sowohl auf eine fehlerhafte Ausführung durch den Handwerker als auch auf eine mangelhafte Überwachung durch den Architekten zurückzuführen ist.
Während nach der seitherigen Rechtslage gegenüber dem Architekten ein Zahlungsanspruch, also ein Geldanspruch in Höhe der Kosten, die zur Mangelbeseitigung notwendig waren, geltend gemacht werden kann, ohne dass der Unternehmer zur Nachbesserung aufgefordert wurde; muss jetzt, bevor vom Architekten Geld verlangt werden kann, der Unternehmer erfolglos mit einer angemessenen Frist zur Nachbesserung (Nacherfüllung) aufgefordert worden sein.
Neuregelung des Kaufrechts
Beispiel:
Eine Estrichfirma verlegt in einem Industriebau ca. 3.000 m² Estrich in Räumen die als Büro genutzt werden. Der Auftraggeber rügt, dass der Estrich bei Belastung mit Bürostühlen sandet und verlangt Nachbesserung. Diese kann nur durch Verspachteln des Estrichs mit einem speziellen Harz und durch spezielle Arbeitsschritte erfolgen. Dadurch fallen zusätzliche Kosten i.H.v. ca. 100.000,00 € an, welche die Estrichfirma als Werkunternehmer tragen muss. Die Ursache des Absandens ist, dass das von einem selbstständigen Tochterunternehmen des Estrichherstellers gelieferte Material mangelhaft ist.
Die bisherige Rechtslage ist die, dass in den Fällen, in denen ein Werkunternehmer Baustoffe in das Bauwerk einbaut, die mangelhaft geliefert worden sind, in aller Regel ein Mangel vorliegt für den der Werkunternehmer verschuldensunabhängig haftet. Er ist verpflichtet, den Mangel zu beseitigen, was in aller Regel dadurch geschieht, dass der mangelhafte Baustoff ausgebaut und ein mangelfreier Baustoff eingebaut wird. Die gesamten Kosten des Ein- und Ausbaus muss der Unternehmer tragen. Diese Kosten für den Ein- und Ausbau wiederum kann er nicht gegenüber seinem Materiallieferanten geltend machen, sofern er diesem, was in der Praxis die Regel ist, kein Verschulden nachweisen kann.
Insoweit bleibt der Werkunternehmer auf diesen Kosten sitzen.
Diese als ungerecht empfundene Rechtsprechung hat der Gesetzgeber korrigiert, wobei er hierbei verschiedene Fallgruppen geregelt hat.
Dazu die folgenden beispielhaften Fallkonstellationen:
- Ein Verbraucher kauft Fiesen und baut sie mangelfrei ein. Die Glasur der Fliesen erweist sich als mangelhaft, sie müssen deshalb ausgetauscht werden. Ein- und Ausbau (ohne Material) kosten 4.000,00 €. Der Käufer hat einen Anspruch i.H.v. 4.000,00 € gegen den Verkäufer.
- Ein Handwerker kauft Fliesen und baut sie bei seinem Auftraggeber mangelfrei ein. Die Glasur der Fliesen erweist sich als mangelhaft, der Auftraggeber verlangt den Austausch. Durch Ein- und Ausbau (ohne Material) entstehen dem Handwerk Arbeitskosten von 3.000,00 €. Der Käufer, also der Handwerker, hat einen Anspruch i.H.v. 3.000,00 € gegen den Verkäufer.
- Wie oben Fall 1; der Verbraucher hat die mangelhaften Fliesen aber mit großflächigen Hohllagen, also mangelhaft, verlegt. Der Ein- und Ausbau der Fliesen (ohne Material) kostet 4.000,00 €.
- Der Käufer hat einen Anspruch gegen den Verkäufer, der aber wegen der Mitverantwortung nach den Umständen des Einzelfalls zu mindern ist, weshalb hier der Verkäufer z.B. nur i.H.v. 2000,00 € haftet.
- Wie Fall 2; der Handwerker hat die mangelhaften Fliesen aber mit großflächigen Hohllagen verlegt, also ein Mangel des Einbaus. Ein- und Ausbau der Fliesen (ohne Material) kosten 4.000,00 €. Wenn beide Mängel jeder für sich die gesamte Fläche betreffen, dann ist der komplette Ein- und Ausbau der Fliesen jeweils vollständig durch die mangelhafte Leistung von Verkäufer und Handwerker verursacht. Deshalb haften hier beide als Gesamtschuldner.
Teil III: Neuregelung des Bau- sowie des Verbraucherbauvertrag
Zunächst betrifft diese Neuregelung nur Bauverträge über die Herstellung, die Beseitigung, die Wiederherstellung oder den Umbau eines Bauwerks oder einer Außenanlage.
Es wird jetzt erstmals definiert, wann ein Werkvertrag ein Bauvertrag ist und somit die Sondervorschriften des Bauvertrages Anwendung finden.
Dabei ist nicht jeder Werkvertrag über Bauleistungen ein Bauvertrag.
Darunter fallen auch Instandhaltungen, aber auch nur dann, wenn es sich um Verträge handelt, die auf eine längerfristige Zusammenarbeit angelegt sind, weshalb sich der Anwendungsbereich auf größere Instandhaltungsmaßnahmen bezieht.
Dagegen sind kleinere Reparaturen am Haus kein Bauvertrag.
Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise bei einem Badumbau oder einer Heizungswartung im Privathaus die Vorschrift keine Anwendung findet.
Sofern ein Bauvertrag vorliegt, hat dies jetzt folgende Rechtsfolgen:
- Leistungsänderungsrecht des Bestellers und Vergütungsanpassung
- Erleichterter Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Nachtragsstreitigkeiten
- Sicherungsansprüche des Unternehmers
- Modifikation der Gefahrtragung durch die Zustandsfeststellung
- Fälligkeit erst nach prüffähiger Schlussrechnung
- Schriftformgebot für die Kündigung
Leistungsänderungsrecht des Bestellers und Vergütungsanpassung
Die Neuregelung hat zum Ziel, die Parteien anzuhalten, bei Änderungen der Ausführung möglichst Einvernehmen herzustellen. Für den Fall, dass dies nicht gelingt, soll das Gesetz eine Regelung über die Rahmenbedingungen für die - schriftliche - Anordnungen und deren Vergütung zur Verfügung stellen.
Der Besteller kann z.B. verlangen, dass das Gebäude anders gebaut wird, als ursprünglich geplant und im Vertrag vereinbart war.
Verweigern kann dies der Unternehmer nur dann, wenn die Änderungen für ihn nicht zumutbar sind, z.B. bei der nicht ausreichenden Kapazität oder wenn sein Betrieb für die neue Zielsetzung nicht eingerichtet ist. Dabei kommt es jeweils auf den Einzelfall an.
Zudem gibt es oft Fälle, in denen sich während der Bauausführung herausstellt, dass weitere Leistungen notwendig sind, um den Werkerfolg zu erreichen.
Beispiel:
Der Besteller möchte z.B. eine setzungsfreie Garagenzufahrt, wobei sich herausstellt, dass der Untergrund so beschaffen ist, dass dies mit der vereinbarten Leistung, also z.B. nur die Erneuerung der Oberschicht, nicht erreicht werden kann und deshalb zusätzlich umfangreiche Untergrundarbeiten erforderlich sind.
In diesem Fall muss der Unternehmer Bedenken anmelden und der Besteller kann ihn dann anweisen, weitere Maßnahmen, die notwendig sind, um eine setzungsfreie Garagenzufahrt herzustellen, auszuführen. Diesem Willen muss der Auftragnehmer nachkommen.
Die Konsequenz aus dem Ganzen ist, dass der Unternehmer dann einen Anspruch auf Vergütungsanpassung hat.
Die Berechnung dieser Vergütungsanpassung dürfte Probleme bereiten, da der Gesetzgeber nur geregelt hat, dass der Besteller einen Anspruch auf den tatsächlichen Aufwand, also die Selbstkosten mit angemessenem Zuschlägen hat.
Der zusätzliche Vergütungsanspruch wird aber dann ausgeschlossen, wenn der Unternehmer auch die Planung zu erbringen hat.
Erleichterter Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Nachtragsstreitigkeiten
Eine weitere Neuregelung besteht darin, dass für den Besteller die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung zu beantragen, erleichtert wurde. In diesem Fall muss er die Eilbedürftigkeit nicht mehr glaubhaft machen.
Der wichtigste Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung dürfte die Durchsetzung des Anspruchs des Unternehmers auf Bezahlung einer Abschlagszahlung i.H.v. 80 % bei der Vergütungsanpassung bei Anordnungen sein.
Eine weitere Frage ist dann, ob der Unternehmer die Anordnung zur Leistungsänderung befolgen muss.
Wie sich diese Neuregelung in der Praxis entwickeln wird, muss sich noch zeigen, wobei das Ganze dadurch erleichtert und vereinheitlicht werden soll, dass beim Landgericht entsprechende Spezialkammern gebildet werden.
Sicherungsansprüche des Unternehmers
Die bisher allgemein für alle Bauwerkleistungen geltende Bauhandwerkersicherung gilt nunmehr nur noch für den Bauvertrag.
Neu geregelt wird das sog. Verbraucherprivileg, wobei nicht mehr auf das Objekt, sondern auf den Vertragspartner abgestellt wird. Danach löst der Verbraucherbauvertrag keine Sicherungspflicht aus.
Modifikation der Gefahrtragung durch die Zustandsfeststellung.
Eine Zustandsfeststellung kommt dann in Betracht, wenn der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln verweigert.
Die Form der Zustandsfeststellung ist nun genau vorgeschrieben. So hat diese schriftlich zu erfolgen.
Wenn der Besteller einen Termin zur Zustandsfeststellung fernbleibt, kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung einseitig vornehmen.
Zudem wurde geregelt, dass dann, wenn in der Zustandsfeststellung ein offenkundiger Mangel nicht angegeben wird, vermutet wird, dass dieser nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden.
Fälligkeit erst nach prüffähiger Schlussrechnung
Infolge dieser Regelung ist beim BGB-Bauvertrag nicht mehr nur die Abnahme Fälligkeitsvoraussetzung für die Werklohnforderung, sondern auch die Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung.
Dabei bedeutet prüffähig, dass die Rechnung eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält und für den Besteller nachvollziehbar ist.
Sie gilt dann als prüffähig, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erhoben hat.
Schriftformgebot für die Kündigung
Im Unterschied zum allgemeinen Werkvertragsrecht gilt für den Bauvertrag die gesetzliche Schriftform für Kündigungserklärungen. Sie ist auch bei Architekten- und Ingenieurverträgen sowie beim Verbraucherbauvertrag einzuhalten.
Danach ist auch eine Kündigung mittels Telefax wirksam; nicht jedoch per E-Mail.
Neuregelung des Verbraucherbauvertrages
Der Gesetzgeber hat jetzt einen neuen Vertragstypus, den Verbraucherbauvertrag, in § 650i BGB geregelt.
Dabei muss beachtet werden, dass es sich hier nur um solche Verträge über den Bau von neuen Gebäuden, in der Regel Verträge mit einem Generalübernehmer oder Bauträger, oder um Verträge, bei denen es um erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude geht, handelt.
Diese Verträge müssen schriftlich abgeschlossen werden.
Zu beachten ist, dass durch die Formulierung zum Bau eines neuen Gebäudes klargestellt wird, dass nur Verträge über die Errichtung von schlüsselfertigen Gebäuden, nicht aber Verträge über einzelne gewerkweise Bauleistungen oder über Außenanlagen unter den Begriff des Verbraucherbauvertrages fallen.
Neu ist weiter die Regelung, dass der Unternehmer dem Verbraucher eine Baubeschreibung und verbindliche Angaben zur Bauzeit, also entweder zum Fertigstellungstermin oder zur Dauer der Baumaßnahme, übergeben muss.
Der Inhalt der Baubeschreibung ist gesetzlich in § 249 EGBGB geregelt, wobei die Baubeschreibung rechtzeitig vor Vertragsschluss dem Bauherrn zur Verfügung gestellt werden muss.
Ist die Baubeschreibung unvollständig oder unklar, ist der Vertrag unter Berücksichtigung aller vertragsbegleitenden- Umstände, insbesondere des Komfort- und Qualitätsstandards, nach der übrigen Leistungsbeschreibung auszulegen, wobei Zweifel bei der Auslegung des Vertrages zulasten des Unternehmers gehen.
Weitere Besonderheiten bestehen darin, dass wenn der Vertrag nicht notariell beurkundet wurde, der Verbraucher zum Widerruf des Vertrages berechtigt ist. Damit soll den Fällen entgegengewirkt werden, in denen in einer Nacht- und Nebel-Aktion ein Bauvertrag abgeschlossen wird, den der Bauherr am nächsten Tag dann bereut.
Zudem muss der Verbraucher auf sein Widerrufsrecht hingewiesen werden.
Weitere Regelungen beim Verbraucherbauvertrag sind, dass die Abschlagszahlungen insgesamt nicht mehr als 90 % der Gesamtvergütung betragen dürfen.
Auch weiterhin kann der Verbraucher nun beim Bauvertrag bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel i.H.v. 5 % der Gesamtvergütung beanspruchen.
Zudem muss der Unternehmer alle Unterlagen herausgeben. In der Regel ist dabei an die Nachweise und Unterlagen für die Lakra-Finanzierung zu denken.
Wir wollten Ihnen hier mit den vorliegenden Ausführungen einen groben Überblick über die wesentlichen Änderungen im neuen Bauvertragsrecht geben.
Zusammenfassend kann jedoch bereits jetzt gesagt werden, dass der große Wurf mit dem neuen Bauvertragsrecht nicht gelungen ist, sondern die auch seither zum Teil sehr schwierigen Rechtsfragen nach wie vor bestehen und durch die Gesetzesänderung weitere Streitpotential geschaffen wurde.
Aus diesem Grund empfiehlt es sich unbedingt, einen im Bauwesen ausgewiesenen Fachmann zu konsultieren.
Die vorhergehenden Hinweise geben dann nur einen Umriss dessen, was möglich ist.
Einen Anspruch auf Vollständigkeit kann aufgrund der Vielschichtigkeit des Baurechtes nicht erhoben werden. Hier muss letztlich immer eine Einzelfallbetrachtung erfolgen.
Gerne stehen wir Ihnen dabei zurate und prüfen, wie Sie als Unternehmer oder Architekt ihre Ansprüche durchsetzen können oder wie Sie als Bauherr/Verbraucher ihr Interesse an einer mangelfreien fristgerechten Bauleistung zu einem angemessenen Preis realisieren können.