Erbrecht in der Praxis: Drei gängige Irrtümer
Erbrecht in der Praxis: Drei gängige Irrtümer
Aus meinem Kanzleialltag als Fachanwältin für Erbrecht sind sie mir bestens bekannt: die häufigsten Irrtümer im Zusammenhang mit dem Erbrecht.
Im Folgenden kläre ich über drei Fehlannahmen auf und erkläre, was tatsächlich im Erbfall gilt – damit Sie ihr Vermögen so vererben können, wie Sie es sich vorstellen.
- „Nach meinem Tod erbt mein Ehepartner alles.“
Dies ist möglich, jedoch kein Automatismus.
Gibt es keine letztwillige Verfügung wie ein Testament, gilt die gesetzliche Erbfolge nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.
Ein Ehepartner wird neben Abkömmlingen, unabhängig vom Güterstand, d. h. unabhängig davon, ob ein Ehevertrag geschlossen wurde oder nicht, gesetzlicher Erbe zu 1/4 am Nachlass.
Neben weiteren Verwandten wie Eltern, Geschwistern, Neffen/Nichten sowie Großeltern wird er Erbe zu 1/2.
Leben die Eheleute im gesetzlichen Güterstand, d. h. sie haben keinen Ehevertrag mit einer Wahl des Güterstandes getroffen, leben sie in der sogenannten Zugewinngemeinschaft. Hierdurch erhöht sich der oben dargestellte Erbteil um 1/4.
Sind die oben genannten Verwandten nicht vorhanden, erbt ein Ehegatte tatsächlich auf gesetzlicher Basis die gesamte Erbschaft.
Möchte man die Sicherheit haben, dass der Ehepartner alles erbt, kann dieser zum Beispiel in einem Testament zum Alleinerben eingesetzt werden.
Selbstverständlich gilt dies ebenfalls für eingetragene Lebenspartnerschaften.
- „Ein Testament kann nur ein Notar erstellen.“
Nein, dies ist falsch.
Das Gesetz gibt die Möglichkeit ab einem Alter von 18 Jahren ohne notarielle Hilfe ein Testament aufzusetzen.
Wichtig ist, dass hierbei die sogenannten Formvorschriften eingehalten werden. Das heißt das Testament muss vollständig handschriftlich geschrieben sowie unterschrieben werden und soll mit Ort und Datum gekennzeichnet werden.
Ein computergeschriebenes Dokument, welches unterschrieben wird, ist nicht wirksam, da es nicht den genannten Formvorschriften entspricht.
Sogar Eheleute können gemeinschaftlich ein handschriftliches Testament aufsetzen. Hierbei muss ein Ehepartner das Testament vollständig handschriftlich verfassen und unterschreiben. Der andere Ehepartner bestätigt dies durch seine Unterschrift.
Was nur notariell möglich ist, ist der Abschluss eines Erbvertrages. Diese letztwillige Verfügung führt grundsätzlich zu einer Bindungswirkung und ist im Zweifel nicht einseitig abzuändern.
Da beispielsweise auch ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zu einer Bindungswirkung führen kann und gerade bei komplizierten Familienverhältnissen und größerem Vermögen weitere Punkte, wie beispielsweise die Steuerfreibeträge zumindest einmal näher in den Blick genommen werden sollten, wird angeraten vor oder zur Aufsetzung des letzten Willens juristischen Rat einzuholen.
- „Die Enterbung regelt endgültig wer was von mir bekommt und wer nicht.“
Auch dies ist möglich, hängt aber von der eigenen Familienkonstellation ab.
Zwar wird einem durch das Aufsetzen einer letztwilligen Verfügung die Möglichkeit gegeben die nach dem Gesetz Erbberechtigten von der sogenannten Erbfolge auszuschließen.
Was jedoch nicht ohne Weiteres möglich ist, ist, dass der Anspruch auf den Pflichtteil ausgeschlossen wird. Über diesen können Pflichtteilsberechtigte doch etwas vom Erbe bekommen.
Der Anspruch auf den Pflichtteil ist ein Anspruch auf eine Geldzahlung, welche gegenüber dem oder den Erben grundsätzlich innerhalb von drei Jahren ab dem Jahr des Erbfalls geltend gemacht werden muss. Die Höhe beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und hängt vom tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser sowie der Zahl der Erben ab.
Nicht jeder Verwandte hat einen Anspruch auf den Pflichtteil. Dies ist neben dem Ehepartner der streng limitierten Gruppe der Kinder, gegebenenfalls deren Abkömmlingen und den Eltern des Verstorbenen vorbehalten. Geschwister haben demnach keinen Anspruch auf einen Pflichtteil.
Auch im Rahmen dieses Artikels gilt: Es werden die Grundzüge des deutschen Rechts dargestellt. Jeder Sachverhalt ist jedoch individuell und hat seine Eigenheiten. Im erbrechtlichen Bereich mit seinen komplexen Auswirkungen ist es ratsam rechtlichen Rat einzuholen.

