Erbschaft- und Schenkungsteuer: Maßgebende Steuerklasse beim Erwerb vom biologischen Vater
Erbschaft- und Schenkungsteuer: Maßgebende Steuerklasse beim Erwerb vom biologischen Vater
Eine interessante Entscheidung hat der Bundesfinanzhof mit seiner Entscheidung vom 5.12.2019 getroffen.
Es wurde die Frage geklärt, welche Steuerklasse nach § 15 Abs. 1 ErbStG maßgeblich ist, d.h. welche Steuerklasse für die Erbschafts- und Schenkungssteuer gilt, wenn ein Kind von seinem leiblichen Vater, also seinem biologischen Vater, der nicht auch der rechtliche Vater sein muss etwas geschenkt oder vererbt bekommt.
Der Entscheidung liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Der leibliche aber nicht rechtliche Vater schenkte seiner Tochter einen Betrag i.H.v. 30.000,00 € mit der Zusage, er werde etwaige anfallende Schenkungssteuer übernehmen.
Der Schenker ist nicht rechtlicher Vater, da die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt mit einem anderen Mann verheiratet war und dieser oder eine andere Person die dadurch entstehende rechtliche Vaterschaft nie angefochten haben.
Der leibliche Vater begehrte sodann mit seiner Schenkungserklärung die Steuerklasse I.
Dies lehnte das Finanzamt ab.
Letztendlich durfte der Bundesfinanzhof (BFH) darüber entscheiden und urteilte, dass beim Erwerb eines Kindes von seinem leiblichen Vater, der nicht auch der rechtliche Vater ist (biologischer Vater), die Steuerklasse III Anwendung findet.
Nach § 15 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Steuerklasseneinteilung im Regelfall für jeden einzelnen Erb- oder Schenkungsfall nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker.
Zur Steuerklasse I gehören u.a. Kinder und Stiefkinder (§ 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG). In die Steuerklasse III fallen alle übrigen Erwerber (§ 15 Abs. 1 Steuerklasse III ErbStG).
Nach dem BFH sind für die Steuerklasseneinteilung nach § 15 Abs. 1 ErbStG die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend.
Nach § 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Personen, deren eine von der anderen abstammt, in gerader Linie verwandt. Vater eines Kindes in diesem Sinne ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist, vgl. § 1592 BGB.
Nach den bürgerlich- rechtlichen Vorschriften führt die biologische Abstammung allein demnach nicht zur rechtlichen Vaterschaft und demnach laut BFH nicht zu einer günstigeren Steuerklasse.
Nach dem BFH hat nur der rechtliche Vater gegenüber dem Kind Pflichten, wie zum Beispiel zur Zahlung von Unterhalt. Außerdem ist das Kind nur gegenüber seinem rechtlichen, nicht aber seinem biologischen Vater erb- und pflichtteilsberechtigt. Dies rechtfertigt es, den rechtlichen Vater auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer finanziell besser zu stellen.
Könnte ein Kind von seinem rechtlichen und zugleich von seinem biologischen Vater nach der Steuerklasse I erwerben, wäre dies eine Besserstellung gegenüber Kindern, die, wie in den allermeisten Fällen, nur „einen“ Vater haben und nur von diesem steuergünstig erwerben können.
Was macht dies eigentlich für einen Unterschied?
Die Einteilung der Steuerpflichtigen in unterschiedliche Steuerklassen ist maßgebend für die Bestimmung der persönlichen Freibeträge (§§ 16, 17 ErbStG) und die Höhe des Steuersatzes (§ 19 ErbStG).
Z.B. ist der Freibetrag nach Steuerklasse I ist bei einem leiblichen und rechtlichen Kind erheblich höher (400.000,00 €) als bei einer unter Steuerklasse III einzuordnenden übrigen Person (20.000,00 €).
Die Entscheidung erscheint sachgerecht insbesondere auch vor dem auch durch den BFH genannten Argument, dass bei einer steuerrechtlichen Gleichbehandlung von biologischem und rechtlichem Vater eine Begünstigung der Kinder entstehen würde, die zufällig „zwei“ Väter haben.
BFH, Urteil vom 05. Dezember 2019, Az. II R 5/17

