Muss ich meinen Vollkaskoversicherer bei einem Verkehrsunfall in Anspruch nehmen?
Muss ich meinen Vollkaskoversicherer bei einem Verkehrsunfall in Anspruch nehmen?
Mit dieser Frage musste sich jüngst der Bundesgerichtshof beschäftigen.
Dem lag folgender Fall zugrunde: Der Kläger unterhielt für sein Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung. Im Februar 2017 verunfallte er mit dem Fahrzeug. Nachdem ohne große Verzögerung das Gutachten über den Fahrzeugschaden vorlag, wurde die gegnerische Haftpflichtversicherung durch einen Rechtsanwalt angeschrieben und dargelegt, dass der Mandant nicht in der Lage sei, die Reparatur vorab zu bezahlen. Gleichzeitig forderte der Rechtsanwalt zum Ausgleich der Schadensersatzbeträge auf. Im Nachhinein wurden die Ansprüche ausgeglichen. Offenstand im Revisionsverfahren noch die Frage, für wie lange eine Nutzungsausfallentschädigung zu bezahlen ist. Der Haftpflichtversicherer war der Ansicht, der Kläger hätte hier um den Schaden gering zu halten und schneller zu reparieren, seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen müssen.
Dem teilte nun der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 17. November 2020, Az. VI ZR 569/19, eine Absage. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalles muss dem Schädige die Beträge nicht vorfinanzieren. Dies ist vom Grundsatz her Aufgabe des Schädigers. Auch muss er die Vollkaskoversicherung nicht in Anspruch nehmen. Die Vollkaskoversicherung sei nicht für die Schadensminderungspflicht da, sondern in erster Linie dafür, wenn dem Versicherungsnehmer ein Schaden entsteht, für welchen er von keinem Dritten (vollständigen oder teilweisen) Ersatz verlangen kann.
Allerdings betont der Bundesgerichtshof auch, dass bei Annahme einer erheblichen Mitverantwortlichkeit an dem Verkehrsunfall und einer damit einhergehenden Haftungsquote durchaus die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen werden muss.
Also ist trotz der geschädigtenfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes immer noch eine Einzelfallbetrachtung nötig. Wenn Sie selbst einen Schaden erlitten haben, so wenden Sie sich am besten umgehend an uns, damit wir das weitere Vorgehen interessengerecht miteinander besprechen und die richtigen Schritte einleiten können.
